Es gibt derzeit viele „Das-erste-Mal-wieder“ – bei mir zum Beispiel das erste frisch gezapfte Bier vor zwei Wochen, die erste Rosenverteilaktion und anschließende Diskussionsveranstaltung in der Göttinger Innenstadt am letzten Freitag, die vielen Fahrten rauf und runter durch Niedersachsen.

Unsere ganze Gesellschaft entspannt sich gerade, übrigens nicht ohne ein gehörigen Maß an Vorsicht, das viele Menschen dankenswerterweise an den Tag legen. Dazu kommen herrlich niedrige Infektionszahlen – am Wochenende betrug der Inzidenzwert für Niedersachsen gerade einmal drei – und dazu das schöne Wetter. Läuft, wie man in Norddeutschland sagt.

Und trotzdem mischt sich in diese gute Stimmung eine Portion Unbehagen, die auf den Namen Delta-Variante hört. Gemeint ist jene Mutation von Covid 19, die zuerst in Indien aufgetreten ist und dann in Großbritannien für viele Ansteckungen gesorgt hat.

Auf Dauer, so sagen die Wissenschaftler, wird die Delta-Variante auch in Deutschland dominieren, das sei gar nicht zu verhindern, weil es sich nun einmal um das ansteckendere Virus handelt. Das sehen wir übrigens auch schon in Niedersachsen, wo der Anteil dieser Mutation unter den Infektionen stetig steigt.

Folgt auf einen schönen Sommer also unweigerlich eine vierte Welle mit all den Einschränkungen, die wir gerade hinter uns gelassen haben?

Die gute Nachricht ist: Auch diesem Virus sind wir nicht hilflos ausgeliefert. Vor allem haben wir inzwischen einen Schutz dazu gewonnen, der bei den vorangegangenen Wellen noch gefehlt hat – der Impfschutz. Derzeit sind etwa ein Drittel der Bevölkerung in Niedersachsen zweimal geimpft und deutlich über die Hälfte zumindest einmal.

Die Wartelisten in den Impfzentren werden kürzer, die Impfstoffmenge wird größer (immer mit dem Zusatz der Bundesregierung: Ohne Gewähr!). All das lässt die Schutzmauer gegen Ansteckungen von Tag zu Tag wachsen.

Aber Entwarnung kann es trotzdem nicht geben. Vollständiges Impfen schützt die Einzelnen gut auch vor den Mutationen, aber für den Schutz der Gesellschaft insgesamt brauchen wir eine hohe Impfquote – je höher, desto besser. Wenn sich nichts ändert, wird es dabei jetzt schon erkennbare Schwachstellen geben.

Beispiel 1: Für die Impfung von Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren gibt es keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission – zu wenige Daten als Grundlage, heißt es. Was etliche andere Länder allerdings nicht hindert, gerade auch die junge Generation zu schützen. Ich hoffe sehr, dass das auch in Deutschland noch geschehen wird, anderenfalls wird sich das Virus gerade bei Jugendlichen breit machen. Großbritannien lässt grüßen.

Beispiel 2: Bei bestimmten Gruppen in unserer Gesellschaft und in bestimmten Quartieren ist die Impfquote besonders niedrig und die Hemmschwelle, sich beim Impfportal oder dem Hausarzt anzumelden, besonders hoch. Gerade in diesen Bereichen ist es extrem sinnvoll, durch mobile Teams der Imfpfzentren die Angebote vor Ort zu machen. Das Problem: Die Bundesregierung will die Impfzentren zum 30. September schließen. Wenn das geschieht, schränken die Impfzentren ab Anfang August ihre Arbeit ein, weil sie sonst die Zweitimpfung nicht mehr sicherstellen können. Ich halte das derzeit für völlig falsch und hoffe, dass die Bundesregierung sich schnell eines Besseren besinnt. Ohne Not ein Instrument aus der Hand zu geben, macht in dieser Situation überhaupt keinen Sinn!

Es gibt also noch eine Menge zu tun, damit wir auch im Herbst entspannt bleiben können. Aber dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen.

Ich wünsche Euch eine gute Woche.