Der SPD-Bundesparteitag am 25. Juni 2017 hat das Regierungsprogramm beschlossen. Enthalten ist auch das Kapitel "Ein neuer Generationenvertrag: den Wert der Arbeit und die Würde im Alter sichern" und damit das Rentenkonzept der SPD. Bernd Westphal, Bundestagsabgeordneter und Kandidat der SPD bei der Bundestagswahl am 24. September 2017, stand hierzu für ein Interview zur Verfügung. Die Fragen stellte Sven Wieduwilt, stellv. Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Hildesheim.

Lieber Bernd, in dem zurückliegenden Interview mussten wir das Thema Rente noch ausklammern, weil die Vorlage konkreterer Vorschläge angekündigt war. Der Parteivorstand mit Martin Schulz an der Spitze hat geliefert, der Parteitag in Dortmund beschlossen. Wie bewertest Du die nun beschlossenen Positionen?

Es war eine gute Entscheidung im Mai, die Vorlage des Rentenkonzeptes nicht zu überstürzen. Mit dem nun gefassten Beschluss im Rahmen des Regierungsprogramms ist ein wichtiger Schritt getan ist. Wir stehen vor der Situation, wenn wir nicht handeln, das Rentenniveau weiter absinken wird. Ich halte das nicht für vertretbar, insbesondere gegenüber denjenigen, die Jahrzehnte hart gearbeitet haben. Mit unserem Konzept stabilisieren wir das Rentenniveau bei 48 Prozent, bei einem Beitragssatz von 22 Prozent. Eine doppelte Haltelinie! Beides ermöglicht eine gute und verlässliche Rente!

Du hast bereits darauf hingewiesen: Wir wollen, dass das Rentenniveau dauerhaft bei 48% halten und stabilisieren. Die Gewerkschaften fordern perspektivisch eine Anhebung auf 50 Prozent. Eine nachvollziehbare Forderung?

Ich kenne natürlich die Debatte und die Positionierung der Gewerkschaften und des DGB. Ich bin Gewerkschafter und kann die Forderung nachvollziehen. Gleichwohl habe ich den Anspruch und das gilt auch für unsere Partei, ein seriöses und umsetzbares Konzept vorzulegen und zu vertreten. Die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent ist bereits ambitioniert. Jeder weitere Prozentpunkt, auch wenn er wünschenswert wäre, kostet weiteres Geld und macht die Realisierung schwieriger. Ich freue mich, wenn wir das Rentenniveau bei 48 Prozent halten und ein weiteres Absinken verhindern. Das ist schon ein wichtiger Schritt.

Die Frage einer guten und verlässlichen Rente, eines vernünftigen Auskommens im Alter, stellt sich aufgrund der Erwerbsbiographien oftmals für Frauen. Welche Antworten geben wir als SPD hierauf?

Ein wichtiger Aspekt! Mehr als 50 Prozent der erwerbstätigen Frauen arbeiten in Teilzeit. Außerdem gibt es weitere Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt. Ich will hier nur das Stichwort Lohnungleichheiten nennen. Frauen bekommen für die gleiche Tätigkeit im Durchschnitt 21 Prozent weniger Lohn als Männer.

Das führt zu einer Rentenlücke bei Frauen von rund 54 Prozent. Damit dürfen wir uns zukünftig nicht abfinden!

Zentral sind aus meiner Sicht zwei Punkte: Wir brauchen endlich ein Recht auf befristete Teilzeit bzw. ein Recht auf Rückkehr in Vollzeit. Wir müssen die Teilzeitfalle, in der sich viele berufstätige Frauen befinden, endlich beenden. Und zweitens: Die Forderung nach "Gleichem Lohn für gleiche Arbeit" gehört ganz oben auf die Tagesordnung!

Eine letzte Frage: Das Konzept und dessen Ideen beziehen sich im Wesentlichen auf die Zeit bis 2030. Was heißt das für die Zeit danach? Wie geht es weiter?

Wir haben Vorschläge vorgelegt, die für den Zeitraum bis dahin tragfähig und realistisch sind. Aber wir verlieren 2030 und die Anforderungen an das Rentensystem für die Zeit danach nicht aus dem Blick. Das Regierungsprogramm spricht zu Recht davon, dass es sich bei der Stabilisierung des Rentenniveaus um einen nationalen Kraftakt handelt und wir einen Dialog für einen neuen Generationenvertrag starten müssen.

In dieser Legislaturperiode haben wir mit der Erwerbsunfähigkeitsrente, der Mütterrente und dem Betriebsrentenstärkungsgesetz schon wichtige Projekte auf den Weg gebracht, die für eine gute Rente stehen. Für die Zukunft müssen wir auch kapitalgedeckte Lösungen mit einbeziehen. Aber unter dem Strich bleibt, dass wir verantwortungsbewusste Politik für eine gute und verlässliche Rente bei einem der wichtigsten Themen unserer Gesellschaft machen.