Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies, der Professor für Entrepreneurship an der TU Braunschweig Prof Dr. Reza Asghari, drei Gründer von erfolgreichen Unternehmen und der SPD Landratskandidat Olaf Levonen kamen in Alfeld zusammen, um über die notwendigen Bedingungen für innovative Start-Ups im Allgemeinen sowie in der Region Leinebergland und dem Landkreis Hildesheim im Besonderen zu diskutieren.

Waltraud Friedemann, Vorsitzende des SPD Unterbezirks Hildesheim, eröffnete die gut besuchte Veranstaltung und übergab zu Grußworten an Dr. Margitta Rudolph, Geschäftsführerin der VHS Hildesheim und damit Hausherrin der Kurt-Schwertfeger-Aula, sowie an Bernd Beushausen, Bürgermeister von Alfeld.

Olaf Lies betonte anschließend in seinem Impulsvortrag, dass die eigentlich gute wirtschaftliche Situation im Moment nicht dazu führen dürfe, sich auf bisherigen Erfolgen auszuruhen. „Wir müssen uns zukunftsfähig aufstellen, Investitionen in die Zukunft sind unverzichtbar“. Er verwies auf den demographischen Wandel, der nicht weniger Menschen bedeute, sondern weniger erwerbstätige Menschen. Daher regte er ein Einwanderungsgesetzt an. Eine Öffnung für Zuwanderer und die Digitalisierung müssten zu Schwerpunkten werden. “Hätte es die Innovationen in Richtung Industrie 3.0 nicht gegeben, gäbe es viele Betriebe heute nicht mehr. Wir werden es uns nicht mehr leisten können, uns auf erfolgreichen Produkten auszuruhen. Von Innovation hängen Wachstum und Wohlstand in unserem Land ab“. Handlungsbedarf machte Olaf Lies an folgendem Zusammenhang deutlich: „Die 8 reichsten Amerikaner sind Gründer, die 8 reichsten Deutschen sind Erben.“

Kernstück der Veranstaltung war der Vortrag über Entrepreneurship von Prof. Dr. Reza Asghari von der TU Braunschweig. Er definierte Innovation als eine neuartige Entwicklung, die zu einer schöpferische Zerstörung führen könne: durch das Neue könne das Alte verdrängt werden. Er machte deutlich, dass Deutschland zwar erheblich mehr weltmarktrelevante Patente als die USA vorzuweisen habe - viele davon aus dem wissenschaftlichen Bereich. Diese Patente würden aber nicht in entsprechend in Firmengründungen umgesetzt. In diesem Punkt hängten die USA Deutschland ab. Als Beispiel führte er das MP3-Format an. Die Technologie wurde in Deutschland entwickelt, aber erst Steve Jobs setzte die Technologie in lukrative Produkte um: iPod, iPhone, iTunes. Es gelinge hier zwar, aus dem wissenschaftlichen Bereich Start-Ups zu generieren, doch diese blieben klein. Ausnahme von der Regel sei der global player SAP. Die Digitalisierung sei dabei gleichzeitig Fluch und Segen. Alles entwickle sich schneller weshalb man mit Defiziten leben lernen müsse und damit, diese im Prozess zu beheben. Hier in Deutschland neigten wir dazu, Verfahren zunächst 150%-ig zu planen, bevor eine Idee umgesetzt werde. Die Zeit für lange Planungen fehle jedoch im internationalen Wettbewerb.

„Kreativität ist wichtig, man muss kein studierter Physiker sein, jegliche Form der Selbständigkleit ist gut“ sagte Asghari. „Und man darf keine Angst davor haben, Fehler zu machen.“

Asghari identifizierte 3 Eckpfeiler für Innovation: Die Einstellung, das Geschäftsmodell und das Kapital. Darin pflichteten ihm in der anschließenden Podiumsdiskussion die drei Gründer erfolgreicher Firmen bei:
Karl-Heinz Nicolai, Inhaber der Nicolai Bicycles GmbH in Lübbrechtsen, Jan-Philipp Mai, Gründer & Geschäftsführer der JPM Silicon GmbH in Braunschweig sowie Dr.-Ing. Jonas Danzeisen, Mitgründer & Geschäftsführer der Venios GmbH in Frankfurt a.M. Die schwierige Finanzierung von innovativen Projekten wurde als substantieller Marktnachteil herausgestellt. Es sei schwierig, große Beträge zu erhalten, um Aufträge realisieren zu können. Langwierige Entscheidungsstrukturen und die umfangreichen Formalien hielten die Gründer vom operativen Geschäft ab. Wünschenswert wären Tutoren, welche die Gründer durch den Bürokratiedschungel lotsten. Aber wichtiger als die Finanzierung sei die Einstellung innovativer Köpfe: Erhöhte Risikofreude, der Wunsch nach Selbstständigkeit und eigener Verantwortung, nicht nur nach Sicherheit, keine Angst vor dem Versagen, die Bereitschaft viel zu arbeiten sowie der Wille, den Markt mitzugestalten.

Und wie sehen nun die Bedingungen für innovative Start-Ups im Landkreis Hildesheim aus? Olaf Levonen lobte die Arbeit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft HiReg, die dem Landkreis Hildesheim 2009 zum Titel „gründerfreundliche Region“ verholfen hat. Der Landkreis könne das Umfeld bereitstellen: vielfältige Bildungseinrichtungen, Kitas, Infrastruktur, Mobilität, Breitband. Der in der Region ansässige Karl-Heinz Nicolai lobte die bestehenden lokalen Netzwerke und die vorhandenen Mechanismen zur Innovationsförderung. Jan-Philip Mai stellte heraus, dass sich die Gründer auch in einer Region wohl fühlen müssten. Das Gesamtpaket müsse passen. Ländlicher Raum und Innovation gehen seiner Meinung nach gut zusammen. Jonas Danzeisen erwähnte noch einen anderen Aspekt. Er sah im suburbanen Raum den Träger der Energiewende. Auf diesen müsse man sich zukünftig noch stärker konzentrieren.