Mit dem Impfen geht es spürbar voran: Am Wochenende gab es in Niedersachsen eine große Impf-Aktion und zusätzlich sind noch mal 75 000 vorwiegend ältere Menschen geimpft worden. Am Ende der Woche sollen dann 27 Prozent der Bürgerinnen und Bürger mindestens zum ersten Mal geimpft sein und einen schon sehr wirksamen Schutz gegen das Virus haben.

Und so soll´s auch weiter gehen – ca. 45 Prozent Ende Mai, ca. 65 Prozent Ende Juni. Damit kommen wir auch einem Ende dieser Krise endlich näher! Das ist sehr erfreulich, aber damit wird auch eine andere Frage immer drängender: Müssen geimpfte Menschen denn auch die ganzen Einschränkungen mitmachen, die derzeit immer noch nötig sind? Und was ist mit den Genesenen, die nachweislich ebenfalls (mindestens für eine geraume Zeit) nicht mehr erkranken, aber auch andere nicht anstecken?

Sollen sie mehr Rechte haben als alle anderen, die noch auf die Impfung warten müssen? „Impf-Privilegien“ ist dafür aber sicher das falsche Wort. Im Moment sind viele Grundrechte eingeschränkt und leider gibt es dafür sehr gute Gründe. Aber wenn diese Gründe nicht mehr bestehen, ist die Inanspruchnahme eines Grundrechts kein Privileg, sondern eben ein Recht. Das Problem ist deswegen etwas anderes. Derzeit sind noch recht wenige Menschen in Deutschland vollständig geimpft (also zweimal plus 14 Tage) oder genesen. Aber das wird sich ändern und was ist dann mit den anderen, die sich in den meisten Fällen sehr gerne impfen lassen würden, aber noch keinen Termin haben? Das ist eben immer noch die große Mehrheit der Bevölkerung. Und für Kinder gibt es noch gar keinen Impfstoff, was soll für sie gelten?

Deswegen hat dieses Thema auch eine Menge Zündstoff für eine Gesellschaft, die derzeit ohnehin sehr zerrissen ist. Noch etwas anderes kommt dazu: Seit Beginn der Pandemie waren die älteren Menschen besonders gefährdet. Vor allem auch um diese Gruppe zu schützen, mussten die anderen viele Einschränkungen hinnehmen. Jetzt sind die Älteren aber doch weitgehend geschützt, sollen sie also auch früher mehr Möglichkeiten haben als die anderen? Wir müssen aufpassen, unsere Gesellschaft nicht noch immer tiefer zu spalten. Dass Geimpfte die gleichen Möglichkeiten haben, wie diejenigen, die einen aktuellen belastbaren Negativattest vorweisen können, scheint mir dabei ziemlich unproblematisch zu sein.

Beispiele sind etwa der Friseur-Besuch in Gemeinden mit einer Inzidenz über 100 oder die Einreise aus dem Ausland ohne Quarantäne. Ein Problem kann sich aber ergeben, wenn sich die Frage umdreht: Sollen Geimpfte nicht die gleichen, sondern mehr Möglichkeiten haben als getestete Menschen? In dieser Hinsicht bin ich skeptisch, solange viele von uns sich noch gar nicht impfen lassen können und einen Unterschied deswegen als ungerecht empfinden werden. Es ist eine schwierige Diskussion, die immer wichtiger wird, je mehr Menschen geimpft sind. Zusammenhalt ist auch in dieser Frage der beste Maßstab, finde ich. Ich wünsche Euch eine gute Woche.