So einen Wahlkampf habe ich auch noch nicht erlebt. Es sind jetzt noch etwas weniger als fünf Wochen bis zu den Bundestagswahlen und der Ausgang ist ungewisser denn je. Wer mit wem danach eine Bundesregierung bilden wird, ist derzeit komplett offen. Nur eines ist klar: Die vermeintliche Gewissheit, dass am Ende die Union die Nase vorne haben wird, hat sich erledigt. Und noch eines ist eindeutig: Hätten die Bürgerinnen und Bürger die Chance, den nächsten Bundeskanzler direkt zu bestimmen, er hieße Olaf Scholz.

Der Wind hat sich gedreht. Über zwei Jahre lang schienen die Umfragewerte der SPD wie zementiert um die fünfzehn Prozent, auf einen Sieg bei den Bundestagswahlen hätte wohl kaum jemand gewettet. Innerhalb weniger Wochen ist daraus ein Zweikampf mit der CDU/CSU geworden, die im gleichen Zeitraum massiv an Zustimmung verloren hat. Wie kommt das?

Vordergründig könnte man sagen, dass die Kanzlerkandidaten der anderen Parteien grobe Fehler gemacht haben und deswegen nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Parteien viel Vertrauen verloren haben. Der Lebenslauf von Annalena Baerbock und die Bilder von Armin Laschet während der Hochwasserkatastrophe haben ganz sicher ihre Wirkung nicht verfehlt, aber das alleine ist es nicht.

Wir leben in einer Zeit grundlegender Veränderungen und gefährlicher Krisen, das ist in diesem Sommer so spürbar wie vielleicht noch nie. Die Pandemie, extreme Wetterereigniss, Afghanistan und vieles mehr geben ein Gefühl dafür, was in den nächsten Jahren auf Bürgerinnnen und Bürger und auf die Politik zukommen wird. Dass damit noch einmal erhöhte Anforderungen an diejenigen verbunden sind, die mit politischer Macht ausgestattet sind, liegt auf der Hand. Erst recht gilt das für das wichtigste, aber auch mit Abstand schwierigste politische Amt in Deutschland – das Kanzleramt.

Vor diesem Hintergrund blicken jetzt viele Wählerinnen und Wähler auf die Kandidaten und da ist es kaum verwunderlich, dass sich Olaf Scholz deutlich von seiner Konkurrenz abhebt.

Was macht den Unterschied? Dass Olaf Scholz den Wählerinnen und Wählern seit vielen Jahren und aus verschiedenen Ämtern bekannt ist – als Bundesarbeitsminister während der Weltfinanzkrise, als höchst erfolgreicher Erster Bürgermeister von Hamburg, als Bundesfinanzminister während der Pandemie. Dass er national, aber eben auch international seine Positionen zu vertreten weiß und Kompetenz ausstrahlt. Dass er insgesamt also nachweislich auch unter sehr schwierigen Bedingungen verlässlich und erfolgreich Politik macht. Alles Eigenschaften, die seine Konkurrenten nicht aufweisen können.

Genau das ist aber die Kragenweite, die für das Kanzleramt in den nächsten Jahren nötig sein wird. Das spüren viele Wählerinnen und Wähler ganz genau und deswegen hat sich der Wind gedreht. Mal schauen, wohin er uns in den nächsten Wochen bis zu den Bundestagwahlen noch bringen wird.

Ich wünsche Euch eine gute Woche.