Klimaschutz braucht (Rücken-)Wind!
Es ist wirklich verrückt: Noch niemals ist so intensiv über Klimaschutz diskutiert worden wie im Jahr 2019 – und gleichzeitig steht der Windstrom in Deutschland vor dem Rückbau. Seit zwei Jahren ist der Zubau von Onshore-Strom praktisch zum Erliegen gekommen und seitdem hat die Windindustrie nicht weniger als etwa 35 000 Arbeitsplätze gestrichen, weit mehr als im Braunkohleabbau überhaupt noch arbeiten. Und in der letzten Woche hat Enercon den Abbau von weiteren 3000 Jobs angekündigt. Neue Aufträge für Windräder sind in den nächsten beiden Jahren kaum in Sicht.
Wie passt das zusammen? Antwort: Überhaupt nicht, denn ohne Windstrom werden die Klimaziele niemals erreichbar sein. Erneuerbare Energien sind der Dreh- und Angelpunkt beim Klimaschutz. Ganz egal ob im Verkehr, in der Industrie, beim Heizen – überall kommt es darauf an, fossile Energieträger durch Erneuerbare zu ersetzen, durch Solarstrom oder eben Windstrom. Deswegen hat sich die Bundesregierung zu Recht vorgenommen, in den nächsten zehn Jahren 65 % des (dann deutlich höheren!) Stromverbrauchs durch Erneuerbare Energien sicherzustellen. Dafür ist ein deutlicher Zubau nötig, das liegt auf der Hand.
Stattdessen droht das glatte Gegenteil, ein Rückbau. Ab jetzt werden die Windräder der ersten Generation abgebaut, die durch moderne Anlagen ersetzt werden sollen. Wenn noch einmal ein aufwändiges Genehmigungsverfahren nötig wird, ist absehbar, dass die Produktion von Windstrom sinken wird, denn derzeit sind solche Verfahren das reinste Malefiz-Spiel: Wenn eine Barriere überwunden ist, steht die nächste vor der Nase. Lärmschutz, Artenschutz, Denkmalschutz, Flugsicherung, militärische Belange, Proteste von Anliegern und in vielen Fällen gerichtliche Verfahren über mehrere Instanzen.
Die Bundesregierung plant jetzt sogar eine Verschlimmbesserung und will generell einen Mindestabstand von 1000 Metern vorsehen. Die Begründung lautet, man wolle die Akzeptanz stärken. Nicht nur in Niedersachsen würden damit die theoretisch zur Verfügung stehenden Flächen massiv reduziert werden. Sarkastisch ausgedrückt: Wo keine Windräder stehen können, gibt es auch kein Akzeptanz-Problem.
So geht es nicht. Die Klimaschutzpolitik steht vor einer echten Weichenstellung. Wenn sie ihre Ziele ernst nimmt, brauchen wir einen Neustart bei der Energiewende. Wir brauchen Rückenwind für die Windenergie – einen verbindlichen Ausbauplan, schnellere Genehmigungsverfahren und finanzielle Anreize für die Standortgemeinden zum Beispiel. Sonst wird es nichts werden, nicht mit der Windenergie und nicht mit dem Klimaschutz.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.