Wir wollen die Energiewende, aber wir sind gegen das aktuell verfolgte Konzept des exzessiven off-shore Ausbaus mit anschließendem Transport durch die ganze Republik von Nord nach Süd. „Wer die Energiewende will, muss auch ja zu den Stromtrassen sagen“ ist ein Totschlagargument, dem wir entschieden entgegen treten. Wir fordern die SPD Bundestagsfraktion und den SPD Bundesvorstand zu einer Abkehr von diesem Weg hin zu regionalen, dezentralen Lösungen auf.

Der OV Nordstemmen hat diesen Antrag zum Parteikonvent am 20.06.2015 gestellt. Seit längerem schon sind wir unzufrieden mit dem, was wir zum Thema Energiewende von unseren Parteispitzen hören, von Bundestagsfraktion, Bundesminister, Bundesvorstand und in unserem Fall auch von der Landesregierung.

Wir wollen die Energiewende, aber wir sind gegen das aktuell verfolgte Konzept des exzessiven off-shore Ausbaus mit anschließendem Transport durch die ganze Republik von Nord nach Süd. Schon jetzt will niemand die bisher geplanten Stromtrassen und es sollen ja noch mehr dazu kommen.

Wir sind für dezentrale, regionale Erzeugung, verstärkten Eigenverbrauch statt Einspeisung und Ausnutzung aller Stromsparmöglichkeiten. Im Moment werden naheliegende Pfade beschritten, die sind aber ausgelatscht. Große Stromkonzerne geben die Richtung vor und deuten natürlich die Welt, wie es ihnen nützt. Die großen Akteure (Großkonzerne und Großanleger) haben ihr Eigeninteresse im Blick. Die Interessen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger hat niemand im Blick. Es wird gar keine Anstalten gemacht, mal andere Ansätze zu entwickeln.

Die Bürgerinnen und Bürger zahlen die EEG Umlage – andere freuen sich über die Rendite oder werden von der EEG Umlage befreit. Die Bürgerinnen und Bürger bezahlen die Anbindung ans Festland – wieso eigentlich? Partizipieren sie später auch an den Gewinnen? Wohl eher nicht. Die Bürgerinnen und Bürger bezahlen dafür, dass die für die Höchstspannungsnetze zuständige Firma es nicht auf die Reihe bekommt. Da werden fröhlich und überstürzt Windparks gebaut, die dann auf Diesel laufen müssen, weil die Übertragung noch gar nicht funktioniert. Die Bürgerinnen und Bürger bezahlen für den Netzausbau und gleichzeitig auch für die Benutzung dieser Netze – das ist schizophren.

Übrigens: Wenn wir nur den Strom produzieren würden, den wir auch brauchen (was nicht so ist, dazu komme ich noch), müsste eine Modernisierung des vorhandenen Netzes ausreichen, das sagt zumindest unsere Logik. Die Atomkraftwerke werden ja im Gegenzug abgeschaltete, also sollte unser bestehendes Netz ausreichend Kapazitäten haben. Die Modernisierung des Netzes müsste aber wie gesagt ausschließlich von den Firmen oder Gesellschaften finanziert werden, die dafür auch das Netzentgelt kassieren – oder das müsste gesenkt werden.

Wie gesagt, wir sind für die Energiewende und auch bereit, unseren Teil dafür zu leisten. Nicht das da ein Missverständnis entsteht. Wir sind durchaus bereit, uns finanziell zu beteiligen – aber sinnvoll und innovativ und regional. Im Moment haben wir das Gefühl, wir zahlen nicht für das Gemeinschaftswohl sondern für das Wohl von einigen Konzernen. Außerdem zahlen wir für etwas, was wir so nicht wollen. Etwas, das in hässlichen Windparks im Meer und hässliche Stromtrassen quer durch unser Land endet. Nicht nur hässlich, sondern wohl auch überdimensioniert, da aktionistischer Trassenbau ohne Einbeziehung von neuen Parametern und heute schon vorhandener Technik zu vielen hunderten überflüssigen km Netzen führen wird, wie immer mehr Experten anmahnen. Was interessant ist, da ja andere Experten meinen, wir bräuchten immer mehr Stromtrassen…

Fakt ist: Wir produzieren eh schon lange zu viel Strom. Jedes Jahr wächst der Exportüberschuss. Im Spiegel 19/2015 war zu lesen: „Deutschland exportierte 2014 mehr Strom denn je: Der Exportüberschuss ist auf das 6-fache von 20111 gestiegen, dem Jahr des beschleunigten Atomausstiegs nach Fukushima. Damalige Befürchtungen, Deutschland könnte der Strom ausgehen, haben sich damit nicht bewahrheitet. Nach Angaben der AG Energiebilanzen betrug der Exportüberschuss Deutschlands gegenüber seiner Nachbarstaaten 35.5 Terrawattstunden.“

Wir produzieren Stromüberschuss, den wir nicht kontrollieren und optimal nutzen können, es fehlen Speicher für die Spannungsspitzen. Zurzeit werden bei starkem Wind Anlagen (zumindest die an Land) abgeschaltet! Das ist unökonomisch und auch ungerecht gegenüber den Betreibern. Wir überlasten zu Spitzenzeiten die Netze unserer Nachbarn und verursachen im Extremfall sogar Stromausfälle dort. Natürlich das passt ja auch ins Konzept, dann kann die Lobby der Stromriesen vor den unzuverlässigen erneuerbaren Energien warnen und Kohlekraftwerke und Gaskraftwerke fordern.

Wir sind nicht für die Gewinne der Stromkonzerne verantwortlich, wir sind für die Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger zuständig. Daher sollten wir uns damit beschäftigen, die Energiewende anders zu organisieren als es den Stromkonzernen gefällt. Wir müssen neue Konzepte und ein anderes System entwickeln. Im Moment sollen große Energieerzeuger weiter im Geschäft bleiben und Strom liefern – nur nicht mehr mit Atomkraft. Ansonsten bleibt alles beim Alten. Unsere Zielvorstellung ist eine Energiewende von unten mit Eigenerzeugung und Eigennutzung, mit einer flächendeckenden dezentralen Versorgung. Jeder bezahlt eine Grundgebühr für das Bereitstellen der Netze und einer Versorgung wenn nötig – der Rest wird selbst (es gibt da viele interessante, kleine Ansätze!) oder zumindest regional erzeugt und verbraucht. Der Strom wird zu den in dem Moment an der Börse gehandelten Preis abgegeben, beim Verbrauch kann man sich an den aktuellen Preisen orientieren und den Stromverbrauch steuern mit Hilfe von Speichern oder man verbraucht den Strom eben dann, wenn er da ist und billig ist.

Es wird immer von Energie 2.0 geredet – besser wäre Vollgas in Richtung Energie4.0.