Der Parteitag findet zur Halbzeit der rot-grünen Landesregierung statt. Wie bewertest Du die Arbeit von Rot-Grün in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren? Wo siehst Du die in dieser Konstellation die Aufgaben für die SPD?

Ich bin mit den vielen Akzentsetzungen zufrieden. Vieles ist von der Regierung Stephan Weil auf den Weg gebracht. Die Bildungs- und Schulpolitik hat nach zehn Jahren Stillstand unter Schwarz-Gelb endlich die Gesamtschulen gleich berechtigt und die Gymnasien dennoch nicht geschwächt. Der Elternwille zählt und die Kommunen bekommen mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Das ist sehr gut! Die Studierenden sind von den Gebühren befreit worden, das nachts sich sofort positiv bemerkbar und die Finanzierung der Hochschulen ist verbessert worden. In der Wirtschaftspolitik wird mit der Landes- und der EU-Förderung zielgerichteter umgegangen. Die Regionen werden mit ihren unterschiedlichen Stärken betrachtet. Das gefällt mir. Die Arbeitsmarktpolitik kümmert sich auch um bessere und menschenwürdige Arbeitsverhältnisse, da hat die Landesregierung einen klaren Standpunkt, den sie auch in Berlin vertritt. Das soziale Profil ist sehr gut und auch in der Innen- und Flüchtlingspolitik ist das Profil ist viel gerechter, liberaler und humaner als bei der Vorgängerregierung. Vor allem mit einer Betonung der Chancen, das ist der richtige Ansatz. Die SPD tut dem Land sehr gut!

Auf Bundesebene kommen wir aus dem 25%-Turm nicht heraus. Was muss die SPD tun, um das zu ändern?

Das eine ist: Ihre ganze Kompetenz täglich unter Beweis stellen und darüber reden. Die tut das in der Außenpolitik von Steinmeier, in der Wirtschafts- und Energiepolitik von Sigmar Gabriel, in der Arbeitsmarktpolitik von Andrea Nahles, der Familienpolitik von Manuela Schwesig, um nur einige zu nennen. Auch die Rechtspolitik von Heiko Maas stellt Bürgerrechte nach vorne und stellt sich den vielen Fragen um die Auswirkungen der zunehmenden Digitalisierung. Das andere ist: wir müssen ein sozialdemokratisches Leitbild für die Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten entwickeln, das sozialdemokratisch geprägt ist und die gerechten Chancen aller Menschen und ihrer Entfaltung nach vorne stellt. Die Menschen sind teilweise unsicher, was die Zukunft Ihnen bringt und deshalb müssen wir die Themen, die diese Unsicherheit auslösen positiv diskutieren. Bessere Bildung lebensbegleitetend für alle, ein vorsorgender Sozialstaat, Arbeitsplätze mit gerechten Einkommen in gesamtgesellschaftlicher Verantwortung, positive Internationalisierung und Einwanderung, Digitalisierung mit mehr individueller Freiheit und nicht Macht und Kontrolle durch einige wenige IT-Konzerne. Also sozialdemokratische Grundwerte bewusst auf die neuen Themen und Herausforderungen beziehen und die Leute mit diskutieren und gestalten lassen.

Wie bewertest Du die Perspektivdebatte, die das SPD-Präsidium im Juli gestartet hat?

Sehr gut, genau der richtige Ansatz, die Kompetenz der Partei in Fragen von Bildung, Arbeit, Wirtschaft nach außen und mit Experten und Interessierten diskutieren. Das machen wir ja auch weiter.

Vor welchen weiteren Herausforderungen steht die SPD in den kommenden Jahren?

Die Schuldenbremse muss bewältigt werden und gleichzeitig muss in die Zukunft des Landes investiert werden. Die Infrastruktur des Landes wollen wir systematisch verbessern und gleichzeitig weiter in die Köpfe der Kinder und aller Menschen investieren. Wir setzen uns als Niedersachsen doch positive Ziele, wir wollen ein modernes industrielles Land sein, mit einer ressourcenschonenden Wirtschaft, einer innovativen Spitzenwissenschaft und kreativen Dienstleistungen. Wir wollen ein kulturell interessantes und sportlich erfolgreiches Land sein.

Spiegeln sich diese Aufgaben und Herausforderungen auch auf dem Parteitag wieder? Und was werden die inhaltlichen Schwerpunkte des Parteitages sein?

Auf unserem Parteitag wird es um viele Fragen gehen, ein Schwerpunkt ist sicher die Flüchtlingspolitik und die sozialdemokratische Position für eine Willkommenskultur und die kulturellen und demografischen Chancen, die sich aus der Einwanderung für uns ergeben. Demografie ist auch ein Thema, wenn wir über die Perspektiven der ländlichen Räume sprechen. Wir wollen Maßnahmen für urbane und ländliche Räume beraten, wie wir gute Perspektiven hier für eine integrierte regionale Politik aufbauen.

Was sind die Aufgaben, die To-dos“ für den nächsten Bezirksvorstand?

Die Kommunalwahlen werden wir im kommenden Jahr als Schwerpunkt haben. Die Diskussion um ein klares sozialdemokratisches Profil geht natürlich auch weiter.

Vor einigen Jahren gab es eine Debatte um die Auflösung der Bezirke und die Bildung eines Landesbezirks. Die Debatte ist seit 2012 vom Tisch. Aber wo siehst Du die Rolle für die vier niedersächsischen Bezirke?

Wir sind Bezirke in einem Land, wir haben uns auf eine enge Zusammenarbeit verständigt bei gleichzeitiger Stärkung der Regionalität und der Arbeit in der Fläche in Niedersachsen. Doppelstrukturen sollten wir durch Aufgabenteilung weiter abbauen. Hannover wird da weiter sehr konstruktiv arbeiten.

Eine persönliche Frage zum Schluss: Mit Hildesheim findet der Parteitag in Deiner Geburtsstadt statt. Nun bist Du seit langer Zeit begeisterter Hannoveraner. Gibt es noch Verbindungen zu Hildesheim?

Natürlich, privat besuche ich Hildesheim immer gerne, aber auch beruflich bestehen gute Kontakte im Rahmen der Metropolregion. Hannover legt Wert auf gute Zusammenarbeit, das kann sogar noch mehr werden in der Kultur, im Tourismus, in der Mobilität, um nur einige Felder zu nennen.