Der Außerordentliche Parteitag des SPD Bezirks Hannover hat am 09. Januar 2016 politische Beschlüsse zu tagesaktuellen Themen und Anträgen getroffen, die in den kommenden Jahren die Arbeit der SPD im Bund und in den Kommunen beeinflussen sollen. Der SPD Bezirk Hannover setzt dabei weiterhin auf einen starken Staat, der die Interessen unserer Mitmenschen umsetzen kann und eine solidarische Gesellschaft fördern soll.

Die Übergriffe auf Frauen in Köln und anderen deutschen Städten in der Silvesternacht wurden auf dem Parteitag aus verschiedenen Perspektiven diskutiert. Für die anwesenden SPD-Mitglieder stand dabei klar im Vordergrund, wie Frauen − aber auch alle anderen Menschen − in Deutschland vor Gewalt geschützt werden und wie zukünftige Übergriffe präventiv verhindert werden können. Mit der Resolution "Freiheit bewahren, Recht durchsetzen, Sicherheit gewährleisten" formulierte der Parteitag Forderungen, mit denen die Sicherheit unserer Mitmenschen vor Gewalt und Kriminalität durch den Staat gewährleistet werden soll. Damit die Polizei vor Gewalt schützen kann, muss sie zum Einen personell, materiell und rechtlich dazu in der Lage sein. Zum Anderen müssen Recht und Gesellschaft die Voraussetzungen schaffen können, um Gewalt zu ahnden und zu verhindern. Das Recht gilt für alle Menschen in Deutschland gleichermaßen. Doch Strafrechtsverschärfungen alleine werden Gewalt nicht verhindern können. Der SPD Bezirk Hannover setzt daher weiterhin auf Bildung und Aufklärung, die zum Ziel hat, allen Menschen in Deutschland nahe zu bringen, dass jeder Mensch gleich viel wert ist. Am Beispiel der Gewalt an Frauen bedeutet das, dass sich Respekt gegenüber Frauen weiterhin als Wert durchsetzen muss, damit Gewalt und sexuelle Übergriffe nicht als Kavaliersdelikte behandelt werden. Die Jusos im Bezirk Hannover wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, wie weit Gewalt gegen Frauen im Privaten oder auf Veranstaltungen wie dem Oktoberfest noch verbreitet sind und toleriert werden. Daher wirbt der SPD Bezirk Hannover um Unterstützung für einen starken Staat, der auf allen politischen Ebenen bis hin zu den Kommunen Menschen beschützen kann.

Neben der Resolution verabschiedeten die Delegierten Anträge zu verschiedenen Politikbereichen. Die vollständigen getroffenen Beschlüsse können nach Erscheinen des Beschlussbuches auf der Seite zum Außerordentlichen Parteitag 2016 der Homepage des SPD Bezirks Hannover eingesehen werden. Dieser Artikel führt die Anträge des Unterbezirks Hildesheim sowie einige Anträge der Arbeitsgemeinschaften (Jusos, Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, Arbeitsgemeinschaft für ArbeitnehmerInnenfragen) auf.

Arbeitspolitik

Im Bereich der Arbeitspolitik wurden u.a. Anträge aus dem SPD Unterbezirk Hildesheim beschlossen. Mit leichten Änderungen beschloss der Parteitag den Hildesheimer Antrag für eine Reform der betrieblichen Mitbestimmung. Der SPD-Parteivorstand und die Bundestagsfraktion werden im Antrag aufgefordert, eine Weiterentwicklung der betrieblichen Mitbestimmung im Betriebsverfassungsgesetz gemeinsam mit dem DGB und seinen Einzelgewerkschaften zu entwickeln. Ebenso folgte der Parteitag dem Antrag des Unterbezirks Hildesheim, die gesetzlichen Mittel gegen den Missbrauch von Werkverträgen, Leiharbeit und Scheinselbstständigkeit zu erweitern und entsprechende Kampagnen der DGB-Gewerkschaften zu unterstützen. Im Bereich der Berufs- und Studienabschlüsse unterstützt der SPD Bezirk Hannover eine schnellere Anerkennung von Abschlüssen sowie ein verbessertes Angebot von Qualifizierungsmaßnahmen, damit Menschen einen schnelleren Zugang zu Arbeit erhalten.

Der Parteitag folgte einem Antrag der Jusos, der etwa mit einer neuen Wochenmaximalarbeitszeit von 32 Stunden, Umverteilung von Arbeitszeit auf mehr Beschäftigte, Heimarbeitsplätzen und mehr sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen Vorschläge für eine gerechtere Arbeitswelt enthielt. Ebenso beschlossen die SPD-Mitglieder, für Menschen, die ihr Arbeitsverhältnis in ein Teilzeitarbeitsverhältnis umgewandelt haben, ein Rückkehrrecht in Vollzeitarbeit zu fordern.

Bildungspolitik

Unter dem Titel "Bafög für alle − Bildungsgerechtigkeit ermöglichen" unterstützt der SPD Bezirk Hannover nun die Forderung der Jusos nach einem elternunabhängigen BAFöG mit Rückzahlungsregelungen, die zukünftig stärker die finanzielle Situation der BAFöG-EmpfängerInnen berücksichtigen sollen. Die Jusos empfinden diesen Beschluss als Gewinn und hoffen nun auch auf Unterstützung für diese Forderung auf Bundesebene. Auch die von Jusos und dem SPD Unterbezirk Hildesheim geforderte kostenfreie SchülerInnenbeförderung fand die Zustimmung des Parteitags. Wichtig ist nun, diese Forderung weiter voranzutreiben, damit sie in naher Zukunft in den Kommunen Wirklichkeit wird.

Demokratie

Da die Todesstrafe nach wie vor zur Rechtspraxis einiger Länder gehört, bekräftigten die Mitglieder den bisherigen Einsatz der SPD für eine weitere Eindämmung und Ächtung der Todesstrafe. Die Delegierten befürworteten auch einen Antrag der Jusos, das Konzept "responsibility to protect" zu unterstützen. Das Konzept beinhaltet, dass Staaten eingreifen können, wenn in anderen Staaten Völkermorde durchgeführt werden. Völkermorde und Menschenrechtsverletzungen sollen durch Prävention, Reaktion und anschließendem Wiederaufbau verhindert und ihre Folgen abgeschwächt werden. Nachdem außerdem im vergangenen Jahr PolitikerInnen der CDU forderten, die Befugnisse des Bundesverfassungsgerichts zu beschneiden, votierte der SPD Bezirk Hannover für einen Erhalt der bisherigen Rolle des Bundesverfassungsgerichts. Dass CDU-PolitikerInnen nicht mit Entscheidungen eines unabhängigen Verfassungsorgans einverstanden sind, stellt für die SPD keinen Grund dar, die Kompetenzen des Bundesverfassungsgerichts einzuschränken. Der Parteitag debattierte auch einen Juso-Antrag zum Umgang mit Antisemitismus. Feindliche Einstellungen gegenüber Jüdinnen und Juden oder Weltverschwörungstheorien gehören leider immer noch zur Realität und werden verbreitet (bsw. über Musik). Deshalb will sich des SPD Bezirk Hannover zukünftig für einen breiteren Dialog über Antisemitismus einsetzen.

Gesundheit und Soziales

Der Bezirksvorstand stellte einen Antrag zur Umsetzung von Inklusion vor. Dieser enthielt Maßnahmen für alle politischen Ebenen, wie etwa die Schaffung barrierefreien Wohnraums in den Kommunen. Eine inklusive Gesellschaft und entsprechender Städtebau werden für die SPD auch bei der kommenden Kommunalwahl am 11. September 2016 eine besondere Bedeutung haben, da Barrierefreiheit allen Menschen helfen kann.

Tagesaktuelle Beiträge

Neben den Beschlüssen des Parteitags verdeutlichten mehrere Grußworte weitere Positionen der SPD zu tagesaktuellen Themen. Mit der Forderung nach einem verstärkten sozialen Wohnungsbau wurde der Anspruch der SPD bekräftigt, für alle Menschen in Deutschland günstigen Wohnraum zu schaffen, die auf diesen angewiesen sind. Dafür setzt die SPD auf eine entsprechende Unterstützung der Kommunen durch den Bund. Der wiedergewählte Vorsitzende des SPD Bezirks Hannover, Stephan Schostok, formulierte außerdem das Ziel der SPD, für den Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung zu arbeiten − da die Demokratie vor Ort gelebt werden muss.

Martin Wincek