Am Wochenende erschien die aktuelle Ausgabe von „Was uns bewegt – Politik in Holle und unserer Region“, dem Info-Dienst von Sven Wieduwilt, Vorsitzender des SPD-Gemeindeverbandes Holle und Mitglied des Kreistages. Enthalten ist ein Interview mit Klaus Huchthausen, Bürgermeister der Gemeinde Holle. Themen des Interviews sind die Schwerpunkte der Gemeindepolitik, Dorfentwicklung, Flüchtlingspolitik, Kita-Vertrag und die Diskussion um die Kulturhauptstadt 2025.
Die Fragen stellte Sven Wieduwilt.

Lieber Klaus, die Wahlperiode des Gemeinderates hat vor drei Monaten begonnen. Welches sind die Schwerpunkte für Deine Gemeinde?

Ich möchte hier vier Bereiche nennen.

Zum einen die Weiterentwicklung bzw. der Ausbau der Kinderbetreuung entsprechend dem von den Eltern angemeldeten Bedarf.

Zum zweiten die Schaffung von Wohn- und Arbeitsplätzen. Hierzu gehört die Innenentwicklung in den Ortschaften, wie aber auch die Ausweisung von Baugebieten an den Ortsrändern. Auch muss es Schwerpunkt der gemeindlichen Arbeit sein, vorhandene Arbeitsplätze zu sichern sowie möglichst weitere Betriebe in unserer schönen Gemeinde anzusiedeln.

Der dritte Punkt sind die Chancen, die sich für unsere Gemeinde aus dem ILE-Förderprogramm wie aber auch aus dem Dorfentwicklungsprogramm ergeben, konsequent zu nutzen und damit die Attraktivität unserer Gemeinde zu steigern.

Schlussendlich kann dies alles nur gelingen, wenn wir die kommunalen Finanzen im Auge behalten und neue Aufgaben nur vorsichtig und sparsam angehen.

Darüber hinaus werden die kommenden Jahre uns, wie in der Vergangenheit auch, weitere Aufgaben und Anforderungen auferlegen, denen wir uns zu stellen haben. Auch diese werden wir gemeinsam mit Rat und Verwaltung, wie aber auch unseren Bürgerinnen und Bürgern meistern.

Der Rat hat in seiner letzten Sitzung den Dorfentwicklungsplan beschlossen. Eine gelungene Grundlage für zukünftige Maßnahmen der Dorferneuerung?

Ja. Mit diesem Dorfentwicklungsplan, der parallel zu den Fördermöglichkeiten des ILE‑Programms läuft, besteht seit langer Zeit erstmals wieder die Möglichkeit so genannte freiwillige Leistungen mit einer deutlichen finanziellen Zuwendung des Landes bzw. der Europäischen Union finanziert zu bekommen. Dieses Programm macht es der Gemeinde möglich, innerhalb des Förderzeitraums, also der nächsten 5 bis 7 Jahre Projekte, die unter anderen Umständen für unsere Gemeinde aus finanzieller Sicht überhaupt nicht realisierbar wären, anzugehen. Bei aller Euphorie muss jedoch auch darauf hingewiesen werden, dass sämtliche Maßnahmen aus dem Dorfentwicklungsprogramm, die von der Gemeinde realisiert werden müssten, genau auf ihre Sinnhaftigkeit und Finanzierbarkeit hin überprüft werden. Auch sind hierbei die Folgekosten und die Intensität der zukünftigen Nutzungen mit zu berücksichtigen. Aber nicht nur gemeindliche Antragsteller sind mit diesem Programm in der Lage Investitionen vorzunehmen. Es gibt zahlreiche private Interessenten, die kurzfristig einen Antrag auf Fördermittel stellen wollen, um so ihr Eigentum aber damit auch unsere Ortschaften attraktiv zu erhalten.

In Hildesheim gibt es die Initiative für die Bewerbung um den Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2025“. Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Städte und Gemeinden im Landkreis Hildesheim haben sich hierzu auch informiert. Wie schätzt Du diese Initiative ein? Und siehst Du ggf. positive Impulse auch für die kreisangehörigen Gemeinden und insbesondere für Holle?

Ich sehe die Ausweisung von Hildesheim und den vorhergehenden Antrag auf Ausweisung unserer Kreisstadt zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 als sehr positiv und als eine weitere große Chance auf unsere Region aufmerksam zu machen. Ich halte die Region Hildesheim mit ihren vielfältigen kulturhistorischen Bauten aber auch den weit überdurchschnittlichen kulturellen Aktivitäten für geradezu prädestiniert eine Europäische Kulturhauptstadt zu stellen. Wir als Holler werden hiervon durchaus positive Impulse erhalten können. Zum einen können wir mit unserem vielfältigen kulturellen Angebot, ergänzt durch die zahlreichen kulturhistorischen Bauten glänzen, zum anderen führt solch eine Bewerbung und dann möglicherweise die Tatsache, dass unsere Region bzw. die Stadt Hildesheim Europäische Kulturhauptstadt wird, zu einer Aufmerksamkeit, die sich in Ansiedlung von Menschen und Gewerbebetrieben ausdrücken kann. Eine solche Bewerbung kann unsere Region nur stärken und Chancen eröffnen. Diese dann zu ergreifen und umzusetzen, wird eine wichtige Aufgabe sein.

Im Kreistag hat sich eine Gruppe aus SPD und CDU gebildet. Der Kita-Vertrag des Landkreises mit den Städten und Gemeinden ist auch Gegenstand der Gruppenvereinbarung. Es soll eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die die Auswirkungen des Vertrages untersuchen und Regelungen für den Zeitraum nach 2017 vorschlagen soll. Wie bewertest Du dieses Vorhaben?

Positiv! Wir, die Städte und Gemeinde, insbesondere aber die steuerschwächeren Gemeinden, zu denen auch die Gemeinde Holle zählt, benötigen für die gesellschaftspolitisch wichtige Aufgabe der Kinderbetreuung die finanzielle Unterstützung des Landkreises. Ich hoffe jedoch, dass mit dieser Unterstützung keine zusätzlichen bürokratischen Hürden aufgebaut werden. Gerade der Bereich der Kinderbetreuung ist schon zurzeit „überreguliert“. Weitere Anforderungen in diesem Bereich, die über ein absolut notwendiges Maß hinausgehen, werden von mir strikt abgelehnt.

Olaf Levonen, unser Landrat, hatte als Alternative zum derzeitigen Kita-Vertrag die Finanzierung über eine geminderte Kreisumlage vorgeschlagen. Ein diskussionswürdiger Vorschlag oder ein Minus-Geschäft für die Gemeinden?

Für den Durchschnitt aller Städte und Gemeinden ist es egal, ob sie dem Landkreis 24 Millionen Euro, so hoch ist in etwa zurzeit die Kindergartenförderung, an Kreisumlage zahlen und sie dann über die Regelungen des Kindergartenvertrages zurückerhalten oder diese Zahlung gar nicht erst vornehmen und die Gelder direkt und gleich bei den Städten und Gemeinden verbleiben. Im Detail ist die Situation jedoch deutlich komplizierter. Steuerschwache Gemeinden (dies sind Gemeinden, deren Steueraufkommen pro Einwohner unterhalb des Durchschnitts des Steueraufkommens aller Gemeinden im Land Niedersachsen liegt) zahlen aufgrund ihrer Steuerschwäche verhältnismäßig wenig Kreisumlage, während steuerstarke Kommunen hier stärker in die Pflicht genommen werden. Hierdurch würden, würde man dem Vorschlag von Olaf Levonen folgen, die steuerstarken Städte Hildesheim, Alfeld und Sarstedt deutliche Vorteile genießen, während alle anderen 15 Städte und Gemeinden mit zum Teil deutlichen finanziellen Verlusten zu rechnen hätten. Für die Gemeinde Holle würde dieser Vorschlag unter den Gegebenheiten des Jahres 2016 zu einem Einnahmeverlust von 100.000,00 Euro im Bereich der Kindertagesstättenförderung führen. Dies würde und müsste zu einer drastischen Erhöhung der Gebühren für die Kindertagesstätten führen. Insofern wird von mir als Bürgermeister der Gemeinde Holle die Idee auf die Kindergartenförderung zu verzichten und dafür die Kreisumlage deutlich zu senken abgelehnt.

Die Integration der zu uns geflüchteten Menschen ist eine zentrale Aufgabe in den kommenden Jahren. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sprach in einer Pressemitteilung vom Dezember 2016 von einer „Herkulesaufgabe“, vor der Städte und Gemeinden stehen. Welche Anforderungen hast Du an Land und Bund bei der Unterstützung der Kommunen? Wo siehst Du weitere Handlungsbedarfe?

Zuerst, und dies ist mir besonders wichtig, möchte ich all jenen zahlreichen Helferinnen und Helfern, gerade in unserer Gemeinde danken, die helfen, die Integration der Flüchtlinge voranzutreiben. Ich möchte mich auch bei allen Bürgerinnen und Bürgern an dieser Stelle ganz herzlich dafür bedanken, dass unsere neuen Mitbewohner hier bei uns in Holle herzlich aufgenommen wurden und dass es bei uns nicht einmal im Ansatz zu ausländer- oder fremdenfeindlichen Aktionen gekommen ist. Auch unseren Ratsgremien möchte ich an dieser Stelle Dank sagen, dass sie mit ihren Beschlüssen notwendige Mittel für die Integration und Unterstützung in der Flüchtlingsarbeit zur Verfügung stellen.

Für die Zukunft wird es hier wichtig, dass die Flüchtlinge schnellstmöglich die deutsche Sprache erlernen und eine Beschäftigungsmöglichkeit erhalten. Wenn, wie gerade zu lesen ist, nur ein sehr kleiner Teil der Flüchtlinge in ein „ordentliches“ Arbeitsverhältnis überführt werden kann, so muss es uns gelingen, auch für die Übrigen eine sinnstiftende Beschäftigung zu finden. Nichts ist aus meiner Sicht schlimmer als diese Flüchtlinge, die hoffentlich bald zumindest überwiegend über ein gewisses Maß an Kenntnissen der deutschen Sprache verfügen beschäftigungs- und perspektivlos sich selbst zu überlassen. Als erstes muss jedoch die Bürokratie des Bundes endlich ihr Versprechen halten und die Verfahren aller Asylsuchenden abschließen. Auch muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass nicht Asylberechtigte konsequent abzuschieben sind, denn nur so ist es uns möglich, uns den wirklich Hilfsbedürftigen zu widmen.

Bundesfamilienministerin Schwesig hat im Dezember ein Investitionsprogramm zum Ausbau der Kinderbetreuung auf den Weg gebracht. „Milliarden für mehr und bessere Kitas“ – so die Überschrift eines SPD-Flugblattes. Ein wichtiger Schritt für die Städte und Gemeinde?

Natürlich ist jede finanzielle Unterstützung dieser Aufgabe als positiv zu bewerten. Die Städte und Gemeinden werden schon zu lange gerade von Seiten des Bundes, der mit seiner Gesetzgebung Pflichten für die Kommunen und Rechte für die Eltern schafft, finanziell allein gelassen. Ich sehe hier gerade den Bund in einer deutlich größeren Verpflichtung. Mit diesem neuen Programm werden, dankenswerter Weise, Zuschüsse für Investitionen in Kindertagesstätten gewährt. Diese werden natürlich, wie sollte es auch anders sein, mit zusätzlicher Bürokratie gespickt. Was den Städten und Gemeinden aber wirklich fehlt und wo es bisher keine Finanzierung von Seiten des Bundes gibt, ist eine Mithilfe bei den laufenden monatlichen Kosten. Gerade in diesem Bereich beschränkt sich die Bundesregierung darin, neue Qualitätsanforderungen zu stellen, ohne auch nur einen Cent zu den laufenden Ausgaben beizutragen. Ich würde mir wünschen wenn der Bund zu den ganz erheblichen Kosten der Kinderbetreuung auch seinen Anteil beitragen würde. Erst dann kann ich ein Programm der Bundesregierung oder der Ministerin als positiv werten.

Dass Bildung eine zentrale Grundlage für Gesellschaft und gesellschaftliche Entwicklung ist, ist unstrittig. Werden die Kommunen bei dieser Aufgabe richtig unterstützt? Oder siehst du hier stärker Land und Bund in der Verantwortung?

Es gibt in der Gesetzgebung aber auch in den entsprechenden untergesetzlichen Regelungen des Landes eine klare Trennung zwischen Bildung, und hierfür ist das Land bzw. der Bund zuständig, und der Jugendhilfe u. a. mit der Kinderbetreuung. Für Letzteres ist der Landkreis zuständig, der in unserem Fall diese Aufgabe zumindest was die Kinder- und Jugendhilfe betrifft, auf die Städte und Gemeinden per Vertrag übertragen hat. Bei der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere hier bei der gemeindlichen Aufgabe der Betreuung von Kindern, sind wir m. E. gut aufgestellt. Bei der schulischen Betreuung, soweit dies in der Gemeinde Holle stattfindet, sehe ich durchaus Ergänzungs- und Verbesserungsbedarf. Unsere Grundschule wird zurzeit als verlässliche Grundschule halbtags geführt. Wir als Gemeinde, und dies ist eine vollkommen freiwillige Leistung, ergänzen dieses Angebot durch unseren Hort. Mit diesem Hort wird eine Nachmittags- bzw. Ferienbetreuung für 60 Kinder sichergestellt. Aus meiner Sicht müsste in Folge einer Ganztagsbetreuung sehr vieler Kinder in Krippe und Kindergarten auch eine verlässliche und qualitativ hochwertige Ganztagsunterrichtung in der Schule stattfinden. Unser gesellschaftliches Leben hat sich in den letzten Jahren derart gewandelt, dass die überwiegende Zahl der Eltern beide berufstätig sind und auf eine verlässliche, aber auch qualitativ hochwertige Betreuung ihrer Kinder angewiesen sind. Die jetzt vorhandene Regelung zu den Ganztagsschulen erfüllt dieses Erfordernis nicht. Hier ist dringender Handlungsbedarf. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Gemeinde Holle für eine Schule mit rund 270 Schülerinnen und Schülern gerade einmal 60 Hortplätze vorhalten kann. Ein weiterer Ausbau dieser Hortplätze ist räumlich auf dem Schulgelände kaum möglich.

Im Übrigen bleibt für unseren Bereich festzustellen, dass das schulische Angebot gerade in der Stadt Hildesheim überaus vielfältig und aus meiner Sicht qualitativ hochwertig ist. Im Bereich der Erwachsenenbildung ist mit der Volkshochschule Hildesheim ein Partner entstanden, der ebenfalls hochwertige Arbeit leistet. Hier müssen wir als Holler daran arbeiten, Kurse und Angebote auch in unserer Gemeinde anzubieten. Im Übrigen will ich es vermeiden, unter der Überschrift „jeder der zur Schule gegangen ist, kann über Inhalte von Schule sprechen“ zu inhaltlichen Fragen Stellung zu nehmen.

Die komplette Ausgabe des Info-Dienstes „Was uns bewegt – Politik in Holle und unserer Region“ findet sich auf www.sven-wieduwilt.de