Über den Vorrang ziviler Krisenprävention und Konfliktlösungen sprach die Berliner Bundestagsabgeordnete Ute Finckh-Krämer in der Oskar-Schindler-Gesamtschule. Der SPD-Ortverein Marienburger Höhe/Itzum hatte sie eingeladen, über Alternativen zu militärischen Auslandseinsätzen und über das Verbot von Rüstungsexporten zu informieren.

Finckh-Krämer ist Mitglied oder Vorsitzende der entsprechenden Bundestagsausschüsse und – wie sich herausstellte – auch durch persönliches Engagement dem Thema verbunden und weltweit vernetzt. Das liegt auch daran, dass mit Stefan Feller ein Deutscher die Polizeieinsätze der Vereinten Nationen leitet und mit Angelika Kane eine Deutsche die Abrüstungsbeauftragte des UN-Generalsekretärs ist. Über das Zentrum für internationale Friedenseinsätze entsendet Deutschland Wahlbeobachter oder zivile Beobachter in Kriegsgebiete, wie aktuell in die Ostukraine. Dazu kommen die vielen inländischen Gruppen und Einrichtungen, die sich mit Friedensforschung den Möglichkeiten des friedlichen Zusammenlebens beschäftigen.

Gewaltprävention beginnt in der Schule. Schulleiter Harald Stöveken nahm das für die Oskar-Schindler-Gesamtschule in Anspruch, die das Prädikat „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ trägt und Flüchtlingskinder aus Krisengebieten aufgenommen hat. Ute Finckh-Krämer berichtete von ähnlich frühen Erfahrungen. Ihr Vater, der evangelische Pastor Ulrich Finckh, war über dreißig Jahre lang der Geschäftsführer der Zentralstelle für Kriegsdienstverweigerer und Mitbegründer des Sozialen Friedensdienstes Bremen. Seine Tochter Ute gründete 1989 den Bund für Soziale Verteidigung mit, dessen Vorsitzende sie heute ist. Damals war die „Friedensdividende“ nach dem Fall der Berliner Mauer schnell verbraucht –Jugoslawien zerfiel im Bürgerkrieg und Deutschland zog zum ersten Mal nach 1945 wieder in den Krieg. Währenddessen brannten in Rostock-Lichtenhagen oder Solingen die Häuser von Ausländern.

Finckh-Krämer berichtete, dass schon 1999 Deutschland die ersten Fachkräfte des Friedensdienstes ins Ausland entsandte. 2004 beschloss die Bundesregierung den Aktionsplan „Zivile Krisenprävention, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“, der seitdem von allen Bundesregierungen weiterentwickelt wurde. Kürzlich habe mit Frank-Walter Steinmeier erstmals der zuständige Außenminister dem Bundestag über seine Umsetzung Bericht erstattet. Bei ihm kümmert sich inzwischen eine eigene Abteilung darum, die insgesamt über eine Milliarde Euro verfügt. Zwar steht der Bundeswehr mehr als das Dreißigfache zur Verfügung, doch hat sich der Abstand bereits erheblich verringert. Auch der Unterausschuss für Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln, in dem Finckh-Krämer die Obfrau der SPD-Fraktion ist, hat dem Thema Gewicht verliehen. Das Ministerium hat damit ein parlamentarisches Gegenüber und die Öffentlichkeit einen Ansprechpartner. Der Ausschuss tagt öffentlich, und die Fachöffentlichkeit nimmt regen Anteil daran – nur die Medien fehlen fast alle.

Die Fachöffentlichkeit begleitet mit einem Beirat auch die Umsetzung des Aktionsplans, während die Ministerien sich im Ressortkreis daran beteiligen. Im Gegensatz zu den anderen Ministerien fiel ausgerechnet dem Wirtschaftsministerium kaum etwas ein, was es zur Friedenswahrung beitragen könnte – es ist zuständig für die Genehmigung von Rüstungsexporten. In sein Ressort fallen auch die Fragen, wie man Kleinwaffen wirksam kontrolliert, wie man Wirtschaftsgüter, die sowohl zivil als auch militärisch verwendbar sind, behandelt und wie man militärische Produktionsanlagen in zivile umwandelt, zum Beispiel, um die Arbeitsplätze zu sichern.

Ute Finckh-Krämer ist davon überzeugt, dass die Konflikt vermeidende und mindernde Politik Fahrt aufnimmt. Die Nichtregierungsorganisation Geneva Call setzt sich mit bemerkenswerten Erfolgen für die Verpflichtung bewaffneter nichtstaatlicher Akteure zur Einhaltung internationaler humanitärer Normen ein. Im April 2013 beschloss die UN-Generalversammlung mit überwältigender Mehrheit den „Vertrag über den Waffenhandel“ (Arms Trade Treaty, ATT), der unter anderem das Weiterleiten von konventionellen Waffen unterbinden soll. Die Zahl der weiterführenden Studiengänge mit Schwerpunkt Internationale Friedens- und Konfliktforschung haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Ihr Wunsch ist, dass in jeder deutschen Botschaft in Krisenländern zwei Konfliktexperten dauerhaft beschäftigt werden.

Die Anwesenden, zu denen auch der Hildesheimer Bundestagsabgeordnete Bernd Westphal und der Landtagsabgeordnete Bernd Lynack sowie die DGB-Vorsitzende Regina Stolte zählten, nahmen aus der zweistündigen hochkonzentrierten Informationsveranstaltung die keinesfalls resignativ gemeinte Feststellung Ute Finckh-Krämers mit, dass Frieden kompliziert ist, viel komplizierter als Krieg. Sie lernten zugleich viele Initiativen und Organisationen kennen, die sich ideenreich und wirkungsvoll für den Frieden einsetzen und von denen die meisten vorher nichts gehört hatten. (Foto: Bierwirt