Es kam, wie die Wettervorhersage es prophezeit hatte. Am späten Nachmittag überzogen Wolken den bis dahin strahlend blauen Himmel und die Abenddämmerung schien über dem Marktplatz vorzeitig hereinzubrechen. Wenige Minuten bevor Moderator Oliver Mau die größte Wahlkampfveranstaltung der SPD im Bundestagswahlkampf 2009 eröffnete, fielen die ersten Tropfen vom Himmel. Doch Standfestigkeit und Improvisationsgabe gehören zu den ausgeprägtesten Tugenden der SPD in Stadt und Landkreis Hildesheim.

Flugs wurden in einem nahe gelegenen Drogeriemarkt gekaufte dunkelrote Schirme an die Besucher verteilt. Der Spielmannszug Sarstedt spielte tapfer gegen Feuchtigkeit und Wind an und die Akrobatikkünstler von Eintracht Hildesheim verlegten ihre Show kurzerhand auf die Bühne. Noch beschirmt bahnten sich Franz Müntefering und Hubertus Heil, begleitet von Gastgeber Bernhard Brinkmann, ihren Weg zur Bühne, dann legte der Regen eine Pause ein. „Kommt alle ganz nach vorne, dann könnt ihr besser sehen“ animierte Oliver Mau zum Schrecken der Sicherheitskräfte die Besucher. Die leisteten der Aufforderung gerne Folge – und die einsetzende Dunkelheit tat ein Übriges, um der Veranstaltung trotz mehrerer Hundert Zuschauer einen fast intimen Charakter zu verleihen. Erst nahm Hubertus Heil die Menschen mit dem Geständnis für sich ein, das Licht der Welt im Bernward-Krankenhaus erblickt zu haben, dann warnte er mit scharfen Worten vor Schwarz-Gelb.

„An diesen Platz kann ich mich noch gut erinnern“, sagte Franz Müntefering. Fast exakt vier Jahre nach seinem letzten Besuch in der Domstadt sprach der Parteichef zu rund 500 Menschen auf dem Marktplatz. Dabei erinnerte er an eine Wahl vor 40 Jahren. Vor der Bundestagswahl 1969 seien die Zustimmungswerte für den damaligen Außenminister Willy Brandt dramatisch schlecht gewesen. Bundeskanzler wurde er trotzdem. „Ich verrate euch was. Wir machen das diesmal genauso“, raunte Müntefering verschwörerisch. "Münte" überraschte in seiner Rede mit sehr persönlichen Worten für Bernhard Brinkmann. „Er meldet sich nicht in jeder Fraktionssitzung zu Wort. Aber wenn er etwas sagt, dann wissen alle, dass es gut ist, zuzuhören. Schickt ihn uns bitte wieder nach Berlin“.